Wahrheit oder Liebe?
von mo am 03 Sep. 2010, gespeichert unter Allgemein
„Wenn Martin Luther sich an das Liebesgebot gehalten hätte, dann wären wir heute alle noch katholisch. Aber es ging ihm um die Wahrheit und daher war er nicht zu feige, auch für die Wahrheit zu kämpfen.“ – welch ein Denkfehler! Da Liebe das zentrale Anliegen des Evangeliums ist, ist sie der Kern jeder Reformation. Gerade weil Martin Luther das Liebesgebot als wichtigstes Gebot kannte, hat er Menschen die Angst vor der Hölle genommen und ihnen die frohe Botschaft mitgeteilt, dass Jesus den Preis für sie vollständig bezahlt hat.
Doch obwohl grottenfalsch, ist der zugrunde liegende Denkfehler weit verbreitet. Das Liebesgebot wird wegen geringer Meinungsunterschiede über Bord geworfen. Selbstgerecht werden Mitmenschen „um der Wahrheit willen“ verunglimpft. Noch bitterer wird dies dadurch, dass ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Aufreger-Themen schon bald überholt sind. Mitchristen haben auf Grund der Farbe eines Liederbucheinschlags rot gesehen, sind sich wegen Kopftüchern in die Haare gelegen und haben sich entzweit über Rocklängen, die den Namen noch verdienten. Sind solche Diskussionen die Wunden wert, die sie reißen? Ein Streitgespräch muss sich daran messen lassen, was am Ende dabei herauskommt. Sinnvoll sind Diskussionen ausschließlich dann, wenn sie zu mehr Liebe führen; nur dafür können notwendige Härten berechtigt sein. So beispielsweise bei der Frage nach der Bedeutung des Ruhetages. Am Ende kann ein mehr an Liebe zur Schöpfung, zum Schöpfer und zu einem mir gleichwertigen Partner stehen. Dafür streite ich gerne.
“Die auf dem Weg sind” so wurden die ersten Christen genannt (Apg. 9,2). Wollen wir Fort-schritte erzielen, dann ist alles daran zu setzen, dass wir unseren Weg mit Jesus und im gemeinsamen Einvernehmen gehen. Schon immer, auch in Zeiten des Apostelkonzils, war es notwendig, sich dafür Freiheit zu zubilligen. Nur wenn wir uns Raum geben, finden wir uns. Um auf dem einen Weg zu bleiben, hilft uns unser gemeinsames Ziel: Die Wahrheit kennen und lieben zu wollen, nämlich die Person Jesus Christus, der für uns starb, weil Gott uns liebt (Jo. 3,16).