Nicht mächtig. Aber ganz.
von mo am 27 Sep. 2011, gespeichert unter Allgemein
Nachdenkliches
„Als nun Abram neunundneunzig Jahre alt war, erschien ihm der HERR und sprach zu ihm: Ich bin der allmächtige Gott; wandle vor mir und sei fromm.“ 1 Mose 17,1
„Wandle vor mir und sei ganz!“, formuliert der jüdische Gelehrte Martin Buber in seiner sprachgewaltigen Wiedergabe des Alten Testaments und bringt damit die Bedeutung des hebräischen Textes auf den Punkt. Gott ruft dem Wanderer zu: Folge der Stimme des Herzens, sei ganz, sei authentisch. Großes soll aus dir werden! Und zwar unabhängig davon, welche Hindernisse auf deinem Weg liegen. Im konkreten Fall erscheint der Umstand, 99 Jahre alt zu sein, für den Plan, eine Familie zu gründen, äußerst widrig; das Vorhaben geradezu lachhaft. Doch der Allmächtige verheißt, das Unmögliche möglich zu machen und ermutigt Abraham, der zu diesem Zeitpunkt noch Abram genannt wurde, „ganz“ zu sein.
Was ist der Sinn der Aufforderung? Ist der ungebrochene und fehlerlose, unbegrenzt selbstsichere Mensch das Ziel der Reise? Gerade in der Selbstüberschätzung lag für Abraham die ganz persönliche Gefahr des Scheiterns. Dreimal wird berichtet, wie Abraham sich selbst hilft, statt auf Gott zu setzen und wie er damit scheitert.
Den entscheidenden Impuls erhält der Appell durch den Namen, den Gott wählt, um sich zu beschreiben. Gott stellt sich vor als Gott der Allmacht. Er kann. Auch wenn Umstände dagegen zu sprechen scheinen. Er arbeitet mit Ungeeigneten, er lässt den, der sich als Versager fühlt, durch seine Gnade heil werden. Der ganze Mensch ist vor Gott willkommen, das Feigenblatt der Verdrängung unnötig.
Wer Gott die Richtung und den Rhythmus vorgeben lässt, wird nicht nur sicher wandeln, sondern sich auch sicher wandeln. Wer im Vertrauen auf Gott wandelt, wird verwandelt, ohne sich selbst fremd zu werden. Das macht Mut, ungekünstelt zu sein, Neues zu wagen, zuversichtlich voran zu gehen und geduldig der Erfüllung der Verheißung entgegen zu sehen.